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Digitales Pflegeheim

Aktualisiert: 12. Apr. 2022

Überblick der digitalen Lösungen und Technologien in Alters- und Pflegeheimen von morgen


Autoren: Magda Vieira

 

Die Schweizer Alters- und Pflegeheime stehen vor vielen Herausforderungen: Zum einen müssen sie ihre Rentabilität sicherstellen, ihre Prozesse sowie Strukturen verschlanken und sich auf Leistungen konzentrieren, die es ihnen ermöglichen, kostenneutral zu wirtschaften und sich von der Konkurrenz abzuheben. Gleichzeitig gilt es, ihre Geschäftsmodelle der digitalen Zukunft anzupassen. Angesichts des digitalen Wandels stellt sich die Frage, welche technischen Innovationen den Alltag in der betreuten Pflege verbessern können.


Dieser Artikel gibt einen Einblick in vier mögliche Anwendungsfelder der Digitalisierung in der Pflege: die Digitalisierung von Arbeitsprozessen, die digitale Infrastruktur, Kommunikation und Überwachung. (siehe Abbildung 1). Diese Anwendungsfelder werden im Folgenden genauer beschrieben.



Abbildung 1: Skizze mit vier möglichen Anwendungsfeldern der Digitalisierung.

(Quelle: Eigene Darstellung)



Digitalisierung von Arbeitsprozessen

Die Vorstellung, dass ein Pflegeroboter durch die Flure von Pflegeheimen fährt, mag auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheinen. Der demografische Wandel, die steigende Belastung der Pflegefachkräfte und der wachsende Personalmangel zwingen das Gesundheitssystem jedoch zu innovativen Ideen. Deshalb gelten als Entlastung für Pflegepersonal Assistenztechnologien als Allround-Lösungen: Pflegeroboter, Pflegebrillen, intelligente Pflegewagen und Exoskelette. Mithilfe von Pflegebrillen können zum Beispiel künftig virtuelle Informationen aus der elektronischen Pflegedokumentation, Anleitungen in Form von Fotos und Videos sowie auch Vitalparameter zeitgleich mit dem Pflegeprozess gezeigt werden. Der intelligente Pflegewagen kann wiederum auf Abruf oder automatisch zu den Pflegefachkräften fahren und Pflegeutensilien bereitstellen. Ein anderer Einsatzbereich mit unterstützenden Wirkungen durch assistierende Techniken sind am Körper getragene Exoskelette, die das Pflegepersonal bei der Patienten-Umlagerung entlasten.


Digitale Kommunikation

Im Fokus der angestrebten Veränderungen liegt überwiegend die elektronische Pflegedokumentation, welche die Pflegeplanung und pflegerische Massnahmen elektronisch festhält und dokumentiert. Ein weiteres Dokumentationssystem sind digitale Plattformen, die die Kommunikation zwischen Pflegeprofessionen im Pflegeheim standardisieren. Anstelle von sozialen Medien wird nur ein Medium genutzt, um beispielsweise Informationen zur Präsenz und Abwesenheit des Personals zu planen. Damit ist dieses Dokumentationssystem für die Arbeitsorganisation interessant, indem es eine noch effizientere Einsatzplanung des Personals schafft. Zum unmittelbaren Austausch von pflegerischen Daten in Form von Text, Bild oder Video können telemedizinische Geräte genutzt werden. So kann sich eine Pflegefachkraft bei Fragen an eine Pflegemitarbeiter/-in, Pflegedienstleistung oder an das ärztliche Personal online über Videotelefonie wenden. Weitere digitale Kommunikationsmittel sind sogenannte Wearables (Tablets, Smartphones oder -watches), die unmittelbar in der Nähe des Bewohnenden Pflegedaten direkt über das Internet abrufen, erheben und versenden.


Digitale Überwachung

Die Anzahl der an Demenz erkrankten Menschen nimmt stetig zu, von denen zahlreiche in Pflegeheimen untergebracht sind. Bewohnende mit Demenz sind oft unruhig. Um die Sicherheit bei Bewohnenden mit Weglauftendenzen zu erhöhen und die Pflegefachkräfte zu entlasten, verwenden einige stationäre Langzeiteinrichtungen bereits sogenannte «Weglaufschutzsysteme». Sie bestehen aus einem mobilen Funk-Chip und einem stationären Empfänger. Den Chip tragen Bewohnende mit Demenz bei sich, beispielsweise in einem Armband. Dieser löst automatisch Flucht- und Desorientierungsalarme aus, wenn ein individuell bestimmter Bewegungskreis überschnitten wird. Um Bewegungen von Bewohnenden frühzeitig zu erkennen und damit Stürze zu verhindern, werden Radar-Sensoren eingesetzt. Dabei erkennt ein solcher Sensor die Mobilitätsereignisse der Bewohnenden in Echtzeit und alarmiert automatisch das Pflegefachpersonal in kritischen Situationen.


Die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Telemedizin, wie Televisite und Telemonitoring, eröffnen der Pflege die Möglichkeit, Potenziale für eine kooperative Versorgung besser auszuschöpfen. Beim Telemonitoring erhält der Bewohnende ein telemedizinisches Gerät für die tägliche Bestimmung der Vitalparameter. Die eingegangenen Werte werden dann von Ärzten überprüft und falls ein Grenzwert überschritten wird, findet eine Televisite statt. Somit können Bewohnende, die im Pflegeheim leben, und deren Pflegefachkräfte per Video-Stream an einer ärztlichen Visite teilnehmen.


Digitale Infrastruktur

Der Bewohnende erwacht nachts und möchte auf die Toilette. So eilt er ins Badezimmer, doch ein Alarm wird ausgelöst: Der Bewohnende ist gestürzt. Dieses Szenario dürften fast alle Alters- und Pflegeheime kennen, denn Stürze bei älteren und pflegebedürftigen Menschen kommen häufig vor. Ambient Assisted Living (AAL) könnte in Zukunft eine mögliche Unterstützung bieten, indem das stationäre Umfeld pflegebedürftiger Bewohnenden mit technischen Assistenzsystemen ausgestattet wird. Zu den AAL-Produkten gehören elektronische Sensormatten, welche durch Aktivitätsmeldungen und Sturzalarm das Pflegefachpersonal unterstützen und entlasten. Weitere Beispiele sind Türen, die sich automatisch öffnen oder integrierte Licht-Leit-Systeme, die den Weg zum Badezimmer mitten in der Nacht automatisch beleuchten. Eine weitere pflegerische Unterstützung sind intelligente Matratzen. Die zugehörige App übermittelt regelmässig den Status sowie Statusveränderungen des Bewohnenden an die Pflegefachkräfte. Solche digitale Sensortechniken erleichtern den Pflegenden den Alltag und schenken den pflegebedürftigen Menschen mehr Lebensqualität.



Wir erwarten, dass der Fachkräftemangel sowie der zunehmende Kostendruck im Hinblick auf die gesellschaftliche Überalterung, die Pflegeheime vermehrt dazu zwingen wird, sich mit Fragen zu befassen, inwiefern die oben genannten Technologien die Effizienz im Pflegealltag steigern können. Wichtig ist zudem, dass die erwähnten Innovationen nicht alle gleichzeitig in einem Pflegeheim berücksichtigt werden können. Stattdessen sollte der Fokus auf einer strukturierten Digitalisierungsstrategie liegen, in der klar definiert wird, welche technischen Hilfsmitteln die Fachpersonen bei der Erbringung ihrer Gesundheitsdienstleistungen nachhaltig unterstützen und den Bewohnenden mehr Sicherheit und Lebensqualität geben können. Gleichzeitig soll die soziale Interaktion und zwischenmenschliche Fürsorgearbeit zwischen Pflegefachkräfte und Bewohnenden immer im Fokus stehen.

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